ii) Besonderheiten bei Bauleistungsgeschäften

Bauleistungsgeschäfte unterscheiden sich schon im Hinblick auf ihren „Leistungs“-charakter sehr wesentlich von Liefergeschäften. Anders als der Lieferant stellt der Bauunternehmer die Bauanlagen, Bauwerke usw. dort her, wo sie bestimmungsgemäß benutzt oder verwendet werden sollen. Der Bauunternehmer muss also die Maschinen und Geräte, die für die Erstellung der Bauanlagen, des Bauwerkes usw. erforderlich sind, stets an den Ort verbringen, an dem die Errichtung der Bauanlage, des Bauwerkes usw. vorgesehen ist und an dem daher die Maschinen und Geräte zum Einsatz kommen. Gleiches gilt für Bauteile, Baustoffe, Bauhilfsstoffe, Baubetriebsstoffe usw., die stets dorthin zu verbringen sind, wo die Bauanlage, das Bauwerk usw. errichtet werden. Letztlich hat der Bauunternehmer auch den Bauplatz zu erschließen und an dem Bauplatz eine Baustelle mit Wohnlägern, Baubüros, Werkstätten usw. zu errichten.

Auch der Fabrikant einer Ware, die nach ihrer Herstellung aus der Bundesrepublik in das Ausland exportiert wird, benötigt zur Herstellung Maschinen, Betriebsstoffe und Werkstätten. Im Gegensatz zum Bauunternehmer, der im Ausland Bauanlagen, Bauwerke usw. errichtet, befinden sich die Maschinen, Betriebsstoffe und Werkstätten des Fabrikanten aber im Inland und sind daher nicht den im Ausland auftretenden Risiken ausgesetzt. 

Neben diesen Besonderheiten, die die Herstellung der Bauanlage, des Bauwerkes usw. betreffen, folgt aber auch die Forderung des Bauunternehmers gegen den ausländischen Bauherrn im Vergleich zur Forderung des Lieferanten häufig anderen Regeln. So finden sich bei den Zahlungsbedingungen Besonderheiten, z. B. kontinuierliche Bezahlung nach sog. Situationen. Häufig wird die Bauleistungsforderung in einen Landeswährungsteil und einen Transferteil aufgespalten. Nicht selten muss der Bauunternehmer auch Betriebsmittel für das Anlaufen des Bauauftrages im Schuldnerland einsetzen. Weiterhin kommt es bei Bauleistungen immer wieder vor, dass sich im Zuge der Bauausführung aus unterschiedlichen Gründen (geänderte Planung, Bauzeitverlängerungen, geologische Bedingungen, plötzliche Änderungen im rechtlichen und politischen Umfeld, höhere Gewalt) die Notwendigkeit von Zusatzleistungen ergibt, die nicht von vornherein absehbar waren und deshalb keine Berücksichtigung im Bauvertrag – weder dem Grunde noch der konkreten Höhe nach – gefunden haben. Der Bauunternehmer ist nach den üblicherweise zugrunde liegenden FIDIC-Regeln grundsätzlich verpflichtet, derartige Zusatzleistungen zu erbringen und benötigt entsprechend eine Deckung, die ihm die Gewissheit gibt, dass die daraus später resultierenden Nachtragsforderungen gleichermaßen gedeckt sind wie die Ursprungsforderung. 

Schließlich ist darauf zu verweisen, dass im Rahmen der Bauleistungsgeschäfte die Stellung von Garantien in Form von Bietungs-, Anzahlungs- und/oder Zwischenzahlungsgarantien, Liefer- und/oder Leistungsgarantien sehr häufig vorkommt. Gleiches gilt für Zollgarantien. 

Zusammenfassend lassen sich für Bauleistungsgeschäfte im Ausland unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Risikoabsicherung folgende Gruppen bilden, die im Hinblick auf die Gestaltung der Bauleistungsdeckung besonderer Beachtung bedürfen: 

  • die Bauleistungsforderung sowie weitere im Zusammenhang mit Bauleistungen stehende Forderungen, wie Nachtragsforderungen aus notwendig werdenden Zusatzleistungen, der Anspruch auf Zahlung von Suspendierungskosten,
  • die im Zusammenhang mit Bauleistungen zu stellenden Bietungs-, Anzahlungs-, Zwischenzahlungs-, Liefer- und Leistungsgarantien einschließlich der Zollgarantien,
  • die für die Errichtung der Bauanlage, des Bauwerkes usw. erforderlichen Montage- und Baugeräte,
  • die im Zusammenhang mit der Baustelleneinrichtung aufzuwendenden Kosten,
  • die im Zusammenhang mit der Errichtung der Bauanlage, des Bauwerkes usw. aufzuwendenden Kosten für die Baustellen- und Ersatzteilbevorratung,

 

Um den bei diesen Gruppen auftretenden besonderen, für die Bauwirtschaft typischen Risiken Rechnung zu tragen, hat der Bund für Bauleistungsgeschäfte eine besondere Deckungsform entwickelt, deren Einzelheiten nachstehend näher dargelegt werden.

Abschnitt A – Grundlagen der Exportkreditgarantien
I. Rechtliche Grundlagen
1. Verfassungsrechtliche Anforderungen
a) Gesetzesvorbehalt
b) Zuständigkeit des Bundes
ii) Verwaltungskompetenz
3. Frühere Mitwirkung der Bundesschuldenverwaltung bzw. Bundeswertpapierverwaltung
5. Verwaltungsverfahrensgesetz
6. Bundeshaushaltsordnung
Abschnitt B – Die einzelnen Absicherungsprodukte des Bundes (Deckungsformen)
I. Fabrikationsrisikodeckung
III. Forderungsdeckungen – Lieferantenkreditdeckung
IV. Forderungsdeckungen - Finanzkreditdeckung
1. Standard-Einzeldeckung
a) Systematische Einordnung der Finanzkreditdeckung und wirtschaftlicher/rechtlicher Hintergrund …
b) Das zu finanzierende Exportgeschäft
i) Förderungswürdigkeit
ii) Zahlungsbedingungen
d) Nicht deckungsfähige Parallelfinanzierung
3. Akkreditivbestätigungsdeckung als Variante der Finanzkreditdeckung
a) Hintergrund und Anwendungsbereich
b) Rechtliche Grundlagen/Konditionen
c) Verfahrenshinweise
Annex Klima-Check
C. EU Taxonomy