8. Risikominderungstechniken

Die Mindestprämienregelungen des OECD-Konsensus enthalten daneben auch Vorgaben darüber, unter welchen Voraussetzungen die Prämienbenchmarks für die Länderkategorien 1-7 unterschritten werden dürfen. Es gibt zwei Arten der Risikominderungstechniken: Die Minderung des Länderrisikos und die Minderung des Käuferrisikos. 

Sofern im Rahmen der Vertragsstruktur bestimmte Elemente des Länderrisikos externalisiert bzw. aus der Deckung ausgeschlossen werden, können die Mindestprämien für die Länderkategorie 1-7 reduziert werden. Konkret handelt es sich um folgende Minderungstechniken im Sinne einer „Country Risk Mitigation“:

  • Off-Shore Escrow Account: Bei Einrichtung eines Treuhandkontos in einem Drittland, welches ein besseres Risiko als das Käuferland aufweist, kann eine um eine Länderkategorie günstigere Mindestprämie zur Anwendung kommen. Ausgenommen sind Geschäfte in der Länderkategorie 1, bei denen dieses Verfahren zu keiner Absenkung führt.

Lokalwährungsfinanzierung: Der Konsensus erlaubt eine Reduzierung der Mindestprämie um 20 % soweit der Käufer Erträge maßgeblich in der Lokalwährung erzielt und das den Export finanzierende Darlehen in der Lokalwährung zurückgezahlt wird. Im deutschen System wird diese Minderung jedoch üblicherweise nicht angewendet.

Die „Country Risk Mitigation“ ist nicht zulässig für die Mindestprämien für Markttestländer.

Auch wenn es sich nicht um eine Minderungstechnik des Konsensus handelt, wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass bei Einbindung eines Garanten mit Sitz in einem Drittland und sofern bei der Entscheidung über die Indeckungnahme maßgeblich auf das Risiko dieses Garanten abgestellt wird, dessen Länderkategorie und Käuferkategorie zur Anwendung gebracht werden darf.

Das Käuferrisiko kann gemindert werden, wenn bestimmte Sicherheiten wie z. B. Hypotheken, Pfandrechte, Abtretung von Erlösen oder Schuldendienstkonten im Inland vertraglich vereinbart werden. Der Konsensus beschreibt entsprechende Sicherheiten als „Credit Enhancements“, die in der Summe zu einem Nachlass von bis zu maximal 35 % auf den Käuferrisikoanteil der Mindestprämien für die Länderkategorie 1 – 7 oder bis zu maximal 25% der Mindestprämie für Markttestländer betragen können.

Unter einer „Asset Based Security“ versteht man ein besonderes Sicherungsrecht an einem eigenständig verwertbaren Vermögensgegenstand. Zumeist ist dies eine Hypothek an mobilen Vermögenswerten. Der Abschlag beträgt für die Länderkategorie 1 – 7 maximal 25 % auf den Käuferrisikoanteil der Prämie und maximal 15 % auf die Gesamtprämie in Markttestländern.

Alternativ aber nicht zusätzlich kann eine „Fixed Asset Security“ in Betracht kommen. Darunter ist eine werthaltige dingliche Sicherheit (z. B. Pfandrecht oder Eigentumsvorbehalt) auf den Kaufgegenstand zu verstehen. Dieser Fall einer dinglichen Sicherheit kommt in der Praxis am häufigsten vor. Der maximale Abschlag beläuft sich auf 15 % des Käuferrisikoanteils der Mindestprämie für die Länderkategorien 1 – 7 und auf 10 % der Mindestprämie in Markttestländern.

Die Einrichtung eines Schuldendienstreservekontos im Bestellerland kann insbesondere im Rahmen von strukturierten Finanzierungen berücksichtigt werden. Der prozentuale Abschlag ergibt sich aus dem Anteil, den die Schuldendienstreserve am Darlehensbetrag ausmacht. Der maximale Abschlag beträgt jeweils 10 % auf den Käuferrisikoanteil der Mindestprämie für die Länderkategorie 1- 7 oder auf die Mindestprämie in Markttestländern.

Die Abtretung von Erlösen aus Abnahmeverträgen oder Forderungen an den Darlehensgeber ist in erster Linie Bestandteil eines Besicherungskonzeptes im Rahmen von strukturierten Finanzierungen. Der maximale Abschlag beträgt 10 % vom Käuferrisikoanteil der Mindestprämie für die Länderkategorien 1 – 7. Ein entsprechender Abschlag auf die Mindestprämien für Markttestländer ist nicht möglich.

Ob und ggf. in welcher Höhe eine Besicherung mit einem Abschlag bei der Prämie berücksichtigt werden kann, ist Bestandteil der Risikoanalyse. Es wird vorausgesetzt, dass die Sicherheit voraussichtlich im Bestellerland rechtlich durchsetzbar ist und einen substanziellen Verwertungserlös erwarten lassen kann.

Sofern sich Sicherheiten auf die Entgeltberechnung auswirken, berechnet sich der Entgeltabschlag folgendermaßen: Von dem ermittelten Entgeltsatz ist der Entgeltsatz gemäß Käuferkategorie SOV/CC0 abzuziehen, da dieser Entgeltsatz das reine Länderrisiko abbildet. Auf die so ermittelte Differenz in Prozentpunkten – das ist der Käuferrisikoanteil des Entgeltsatzes – ist der prozentuale Abschlag anzusetzen. Das Ergebnis ist auf zwei Nachkommastellen abzurunden.

Auf deutscher Seite wird bei der entgeltmindernden Berücksichtigung von Sicherheiten im Sinne von Credit Enhancements danach differenziert, ob es sich um eine für die Deckungsentscheidung notwendige Sicherheit handelt oder um eine Sicherheit, die der Exporteur zusätzlich beibringt, damit die dadurch verbesserte Risikoposition mit einem Entgeltabschlag honoriert wird. Auch wenn beide Fälle zunächst in gleichem Maß von einer Entgeltreduzierung profitieren können, ist die Unterscheidung insofern wichtig, als sich unterschiedliche Konsequenzen ergeben, wenn sich im Schadensfall herausstellt, dass die Sicherheit nicht rechtswirksam bestellt wurde.

  • Sind Sicherheiten für eine positive Deckungsentscheidung vorausgesetzt, werden diese explizit als „notwendige Sicherheit“ im Deckungsdokument aufgeführt. Eine Entschädigungsleistung ist in diesen Fällen abhängig vom Nachweis einer rechtswirksamen Bestellung der Sicherheiten, für den im Zweifelsfall ein Gutachten („legal opinion“) einzuholen ist.
  • Sind die Sicherheiten nicht notwendig für die positive Deckungsentscheidung, sondern werden zum Zweck der Risiko- und Entgeltminderung zusätzlich beigebracht, hängt auch die Entschädigungsleistung nicht von der Sicherheit ab. Im Deckungsdokument wird dies durch den Hinweis „zusätzliche Sicherheit“ gekennzeichnet. Stellt sich allerdings heraus, dass die Sicherheiten nicht rechtswirksam bestellt wurden, ist der entsprechende Entgeltnachlass nachzuentrichten, die Entschädigungsleistung wird dadurch jedoch nicht beeinträchtigt.
Abschnitt A – Grundlagen der Exportkreditgarantien
I. Rechtliche Grundlagen
1. Verfassungsrechtliche Anforderungen
a) Gesetzesvorbehalt
b) Zuständigkeit des Bundes
ii) Verwaltungskompetenz
3. Frühere Mitwirkung der Bundesschuldenverwaltung bzw. Bundeswertpapierverwaltung
5. Verwaltungsverfahrensgesetz
6. Bundeshaushaltsordnung
Abschnitt B – Die einzelnen Absicherungsprodukte des Bundes (Deckungsformen)
I. Fabrikationsrisikodeckung
III. Forderungsdeckungen – Lieferantenkreditdeckung
IV. Forderungsdeckungen - Finanzkreditdeckung
1. Standard-Einzeldeckung
a) Systematische Einordnung der Finanzkreditdeckung und wirtschaftlicher/rechtlicher Hintergrund …
b) Das zu finanzierende Exportgeschäft
i) Förderungswürdigkeit
ii) Zahlungsbedingungen
d) Nicht deckungsfähige Parallelfinanzierung
3. Akkreditivbestätigungsdeckung als Variante der Finanzkreditdeckung
a) Hintergrund und Anwendungsbereich
b) Rechtliche Grundlagen/Konditionen
c) Verfahrenshinweise
Annex Klima-Check
C. EU Taxonomy